Ein Beobachtungsabend auf der Sternwarte

Ein Beobachtungsabend auf der Sternwarte

Um es gleich zu sagen, Sternwarten sind ungemütliche Orte. Jeder, der schon mal da war kann das wohl bestätigen. In der letzten Zeit hat sich das zwar gebessert, dank dem Einzug der Elektronik, aber so gemütlich wie in einem Planetarium ist es nicht.

Der Grund hierfür ist, dass die besten Beobachtungsbedingungen – und darauf kommt es hier an – im Winter herrschen. Eine Heizung im Beobachtungsraum würde alles verderben.

Heizung aus! Warum?

Weit entfernte Objekte, um die handelt es sich in der Astronomie, sind sehr lichtschwach. Daher sollte die Atmosphäre möglichst ruhig und transparent sein, um das Licht das wir im Teleskop bündeln wollen nicht zu beeinflussen.

Die Störmechanismen der Atmosphäre erläutern folgende Beispiele:

An einem sehr heissen Tag, wenn der Asphalt der Strasse stark aufgeheizt ist, kann man vom Auto aus ein weiter entferntes Verkehrshinweisschild kaum lesen, da die Buchstaben durch das flimmern der Luft, das durch aufsteigende heisse Luftblasen vom Asphalt erzeugt wird, verzerrt werden. Das ist genau derselbe Effekt wie die flimmernde Sterne im Teleskop, verursacht durch die aufsteigenden Luftblasen vom warmen Boden in die kühlere Atmosphäre, oder durch Wärmeschichten in der Atmosphäre.

Einen 2. grossen Störeinfluss kann man an diesem Beispiel auch erläutern, das Phänomen der Lichtverschmutzung.

Wenn hinter unserem Verkehrsschild die Sonne auf- oder untergeht, kann man die Schrift auf dem Schild nicht erkennen, da die Helligkeit der Sonne die Schrift auf dem Schild überstrahlt, und somit unleserlich macht.

Dies sind die beiden Haupteffekte, die dem Beobachter am Teleskop das Leben schwer machen. Das Flimmern durch aufsteigende Luftbläschen und die Beeinträchtigung durch fremde Lichtquellen.

Die Unruhe der Atmosphäre

Wird Luft erhitzt, so dehnt sie sich wie jedes andere Gas aus und damit verringert sich auch die Dichte der erwärmten Luftschichten. In Luftmassen unterschiedlicher Dichte werden Lichtstrahlen unterschiedlich stark abgelenkt (gebrochen).

Nach dem Sonnenuntergang kühlt sich die Luft schneller ab als der Erdboden. Dadurch haben die Luftmassen direkt über dem Erdboden eine höhere Temperatur als die darüberliegenden, kälteren Schichten. Die warmen Luftblasen geringerer Dichte steigen auf, die kälteren steigen ab und die daraus resultierende Unruhe der Atmosphäre sorgt für das schon mit bloßem Auge sichtbaren Flimmern des Sternenlichtes, auch Szintillation genannt. Beobachter am Teleskop können beobachten, wie das Licht in kritischen Fällen mehr als 10x pro sekunde seinen Standort wechselt, so dass sich kein klares Bild mehr ergeben kann.

Der Beobachter auf einm Berg hat weniger Probleme, da hier das Licht durch die Atmosphäre einen kürzeren Weg zurücklegen muss, und primär die Dichte der Atmosphäre mit der Höhe stark abnimmt. In einer Höhe von ca. 5000 m liegt die grössere Masse der Atmosphäre unter dem Beobachter!

Die Lichtverschmutzung durch Störquellen wie Vollmond, Strassenlaternen oder andere Lichtquellen, vor allem in Stadtnähe, kann man durch ein weiteres Beispiel erläutern.

Vom Flugzeug aus kann man selbst aus grossen Höhen ( 5- 6000 m ) einzelne Lichter in einer dunklen Umgebung beobachtet werden. Dies ist möglich,weil das schwache Licht nicht von einer anderen Lichtquelle im Hintergrund überstrahlt wird.

Dieselbe Situation kann man am Tag nicht wahrnehmen,da das Licht vom Tageslicht überstrahlt wird.

Demselben Mechanismus unterliegt das schwache Licht des Beobachtungsobjektes im Teleskop. Es geht im stärkeren Streulicht z.B. des Mondscheins unter.

Dass der Winter eine gute Zeit für Beobachtungen auf der Sternwarte ist, liegt auch daran dass die Nächte wesentlich länger sind, als zu jeder anderen Jahreszeit.

Und los geht’s: Zum Schluss aber noch ein Wort zum Thema Kleidung

Da man bei niederen Temperaturen auch noch herumsteht, hilft nur eines, “warm anziehen”. Das heisst im Klartext 1 Hose, 1 Pullover und ein Paar Socken mehr als Sie denken.

Die Belohnung ist dann der Genuss der Einmaligkeit und Originalität der Situation. Die Bilder die man sieht sind zwar nicht so schön wie in den Bilderbüchern, dafür kann man sie im Original sehen ohne Manipulationen und Retuschen.

Und dann bieten Sternwarten auch noch einen oder mehrere Sternfreunde, die in Verbindung mit den beobachteten Objekten auftretende Fragen oft ganz gut beantworten können.

Willy Mahl 13/7/1999


Letzte Änderung am 2009-Mar-15

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