Liebe Sternenfreunde, liebe Liebenden,

bald ist Valentinstag! Dies ist der optimale Augenblick, um Ihrem Schatz die vor Urzeiten versprochenen Sterne vom Himmel zu holen. Nachfolgend finden Sie einige mehr oder weniger unsinnige Tipps von unserer Sternenfreundin und Kolumnistin Jasmin Qaud-Taher.

Diese Kolumne ist am 1. Februar 2023 erschienen im Oelder Schaufenster.

Die Sonne

Der uns nächstgelegene Stern ist unsere Sonne. Sie ist circa 150 Millionen Kilometer und somit nur rund 8,3 Lichtminuten von der Erde entfernt. Mit der Raumsonde „Parker Solar Probe“ – dem schnellsten menschengemachten Objekt – würden Sie für die Strecke rund fünfeinhalb Jahre benötigen. Die Sonde ist im Sommer 2018 losgeflogen und soll bis Dezember 2024 mit einer Geschwindigkeit von 692.000 km/h (das sind 192 Kilometer pro Sekunde) an der Sonne vorbeiflitzen. Aber selbst wenn Sie einen technischen Weg finden sollten, zur Sonne zu fliegen und sie herzuschleppen, missfällt mir der Gedanke. Wir würden nämlich allesamt jämmerlich verbrennen. Überlegen Sie mal … Die Maximaltemperatur auf den beiden Planeten in unserem Sonnensystem, die der Sonne näher sind als wir, Merkur (knapp 70 Mio. km entfernt) und Venus (circa 108 Mio. km entfernt), liegt bei über 400 °C. Unser berühmtes 1,5-Grad-Ziel wäre obsolet, wenn Sie Ihrem Herzblatt wirklich unser Zentralgestirn vom Himmel herholen würden.

Proxima Centauri

Alternativ könnten Sie unseren übernächsten Stern, Proxima Centauri, herbringen. Er ist lediglich 4,247 Lichtjahre von uns entfernt. Wenn ich mich nicht verrechnet haben sollte, würden Sie mit der „Parker Solar Probe“ für einen Weg an die 6600 Jahre benötigen. Mit einer Oberflächentemperatur von circa 2780 °C ist Proxima Centauri nur ungefähr halb so heiß wie unsere Sonne, die eine effektive Oberflächentemperatur von über 5770 Kelvin (rund 5500 °C) aufweist. In Hinblick auf den Klimawandel wäre es mir also deutlich lieber, wenn Sie statt der Sonne diesen Stern vom Himmel holten. Ich bin mir nur nicht sicher, ob Ihr Schatz es schafft, zu warten, bis Sie mit Proxima Centauri zurückkämen.

Ein Neutronenstern

Wirklich pfiffig fände ich es, wenn Sie – oder ein anderer motivierter Liebesbote – einen Neutronenstern zur Erde brächten. Auch viele Forscher wären diesem Enthusiasten zu größtem Dank verpflichtet. Schließlich herrscht hier auf Erden reges Forschungsinteresse an Neutronensternen, da Details ihres dynamischen Verhaltens und ihrer Zusammensetzung noch unbekannt sind. Wenn Sie einen solchen Stern vom Himmel holen würden, könnten deren Materieeigenschaften endlich untersucht werden. Der nächstgelegene Vertreter dieser Sterngattung hört auf den malerischen Namen RX J1856-3754 und ist schlappe 500 Lichtjahre weit weg. Seine Temperatur liegt bei ungefähr 700.000 °C. Das ist zwar ziemlich heiß, aber sie müssten ja nicht viel mitbringen, nur ein klitzekleines bisschen. Einen Teelöffel voll vielleicht?

Die mittlere Dichte eines Neutronensterns beträgt etwa 3,7 bis 5,9 · 1017 g/cm3. Wenn Sie also einen Teelöffel mit 5 cm³ Neutronensternmaterie zur Erde schleppen würden, wöge dieser durchschnittlich 2,4 * 1018 g (2,4 Trillionen Gramm), was einer Masse von 240 Milliarden Tonnen entspricht. Ich will an dieser Stelle nichts gegen Ihre Oberarme sagen, aber ich zweifle daran, dass Sie es schaffen, das Teelöffelchen mit dem bisschen Neutronensternmaterie herzubringen. Es sei denn, Sie sind Chuck Norris. Aber der könnte nicht nur Neutronensterne vom Himmel holen, der kann schließlich sogar schwarze Löcher nach Farben sortieren.

Schwarze Löcher

Leider konnte ich nicht herausfinden, wie schwer ein Teelöffelchen Schwarzes Loch wären. Aber ich traue eh keinem meiner Leserinnen und Leser zu, Schwarzes-Loch-Material zur Erde zu bringen. (Ich gehe leider davon aus, dass Chuck Norris das Oelder Schaufenster beziehungsweise meine Kolumne nicht liest.) Deshalb ist es unnötig, dass ich mir an dieser Stelle Gedanken darüber mache.

Mikrometeoriten

Sind Sie nun auch zu dem Schluss gekommen, dass sich das Sterne-vom-Himmel-holen vor dem nächsten Valentinstag unmöglich ist? Sie wollen Ihrem Liebling aber trotzdem etwas außerirdische Materie schenken? Dann habe ich eine pfiffige Idee für Sie! Tagtäglich prasseln mehrere Hundert Tonnen extraterrestrisches Material auf unsere Erde nieder. Natürlich ist das kein wirklicher Sternenstaub. Es handelt sich vorwiegend um Mikrometeoriten aus dem Asteroidengürtel, der sich zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter befindet. Die Partikel sind meist harte, glasige, leicht magnetische, dunkel gefärbte Kügelchen. Ihr Durchmesser beträgt zwischen als 0,01 und 2 mm. Der norwegische Jazz-Musiker Jon Larsen – googeln Sie ihn einfach mal – hat ziemlich gute Tipps auf Lager, wie Sie Mikrometeoriten in Ihrer Regenrinne oder auf dem Garagendach finden können.

Wenn Sie jedoch denken, dass so ein klitzekleines bisschen Sternenstaub kein adäquates Valentinsgeschenk sei, schenken Sie Ihrem Liebling doch einfach eine Karte für ein Jazzkonzert.

Jasmin Qaud-Taher gibt keine Gewähr auf die obigen Angaben und Umrechnungen, aber sie gibt Ihnen gerne ihre Quellen preis. | Kontakt: jtaher@web.de | Die obige Aufnahme stammt von Hagen Glötter. Der Hobbyastrofotograf blickt bei gutem Wetter an der Sternwarte Höfingen mit einem Spiegelteleskop tief in die Vergangenheit des Universums.