Unter einem "Transit" oder "Durchgang" innerer Planeten versteht man den Vorgang des Vorbeilaufens von Merkur oder Venus vor der Sonnenscheibe. (Anhand eines Venus-Durchgangs lässt sich auch die Entfernung Erde-Sonne bestimmen.)
Voraussetzung für einen Transit vor der Sonne ist eine Bahnkonstellation, in der ein innerer Planet in der Sichtlinie von der Erde zur Sonne steht. In der Astronomie nennt man diese Stellung eines inneren Planeten "untere Konjunktion". Die "obere Konjunktion" findet statt, wenn der Planet von der Erde aus gesehen genau hinter der Sonne steht, dies aber nur der Vollständigkeit halber, denn diese Position hat mit dem Ereignis des Transits nichts zu tun.
Die zweite notwendige Bedingung für einen Transit, ist, dass sich der Planet in dieser Position nahe genug an einem der sogenannten Bahn-Knotenpunkte (aufsteigender oder absteigender Knoten) in der unteren Konjunktion befinden muss.
Für die weitere Beschreibung der Voraussetzungen für ein Transit nehmen wir die Venus, deren nächstes Transit im Jahr 2012 stattfindet.
Da die Venusbahn um 3,39° gegen die Erdumlaufbahn geneigt ist, schneidet die Venusbahn die Erdbahn, diese Schnittpunkte nennt man Knoten. Befindet sich die Venus in einem Knoten und erfüllt auch noch die oben beschriebene Voraussetzungen , so ist sie auf derselben Ebene wie die Erdbahn, und wandert von der Erde aus gesehen, genau durch die Mitte der Sonne. Ist die Venus beim passieren der Sichtline vom Knoten entfernt, so verschiebt sich die Bahnlinie vor der Sonne in Richtung des Randes der Sonne, nach oben oder unten. Ist die Abweichung in der Projektion größer als ca. 0,25°, so liegt die Bahn ausserhalb der Sonnenscheibe.
Um den rechnerischen Vorgang zur Ermittlung der Konjunktion zu demonstrieren, wird in der Literatur auch die Uhr als Modell benutzt, um den Rechnungsgang klar zu machen.
Hier haben wir auch zwei umlaufende Objekte (Analogie: großer und kleiner Zeiger) um ein gemeinsames Zentrum, mit verschiedenen Geschwindigkeiten, also genau die Situation wie bei Erde und Venus. (Oder genereller, wie bei einem äußeren und inneren Planeten).
Um 12 Uhr stehen beide Zeiger in derselben Richtung, wann überholt nun beim nächsten Umlauf (also nach 1 Uhr) der große den kleinen Zeiger?
Lösung:
Betrachten wir zunächst jeden Zeiger einzeln:
v1 = Winkelgeschwindigkeit des großen Zeigers in Grad / Minute
v2 = Winkelgeschwindigkeit des kleinen Zeigers in Grad / Minute
v1 = 360° / 60m = 6° / Minute
v2 = 360° / 720m = 0,5° / Minute
Wenn wir die Anzahl der Minuten nach 1 Uhr beim Zusammentreffen beider Zeiger mit x bezeichnen, erhalten wir:
6° * x = 30° + 0,5° * x
Damit x = 30 / 5,5 = 5,4545 Minuten.
Nach dieser Zeit überholt der große den kleinen Zeiger und dies entspricht der Konjunktion bei den Planeten. Auf unser Planetenmodell angewandt und in Umlaufproportionen ausgedrückt, kann man auch folgenden Ansatz wählen:
v1 * t = 1/12 + v2 * t (t = Umlaufzeit)
dann wird t * ( v1 - v2 ) = 1/12 und mit v1 = 12/12 = 1 und v2 = 1/12 folgt:
t * 11/12 = 1/12 oder t = 1/11 Umlauf oder 60/11 Minuten = 5,4545 Minuten (siehe oben)
Die Zeitdauer, bis beide Zeiger nach einem Umlauf wieder aufeinanderstehen und in dieselbe Richtung zeigen, beträgt somit t * 11/12 = 1, bzw. nach Umformen t = 12/11 = 1h56m27,27s.
Wie man sieht, kann man die Rechnung ausführen, wenn man das Weg-Zeit-Gesetz der gleichförmigen Bewegung kennt: s = v * t (s = Weg, v = Geschwindigkeit, t = Zeit)
Die sogenannte synodische Umlaufzeit der Venus als die Zeitspanne zwischen zwei aufeinanderfolgenden unteren Konjunktionen, erhalten wir , wenn wir die Venus als Minutenzeiger und die Erde als Stundenzeiger im Uhrenmodell betrachten.
Die Venusgeschwindigkeit beträgt 1/224,7 siderische Umläufe pro Tag, die der Erde 1/365,25 siderische Umläufe pro Tag. Daraus ergibt sich eine relative Geschwindigkeit von 1/224,7 - 1/ 365,25 = 0,00171257 Umläufen pro Tag.
Ein synodischer Venusumlauf (von Konjunktion zu Konjunktion) ergibt sich damit zu:
1 Uml. = 0,00171257 * tsyn, oder tsyn = 1/0,00171257 = 583,91 Tage
Wie oben schon gesagt, bedeutet das jedoch nicht, dass immer nach dieser Zeitspanne ein Transit fällig ist, da die Venusbahn gegen die Erdbahn geneigt ist und somit nur in einem sehr engen Bereich um die Knoten das Ereignis stattfinden kann.
Folgende Übersicht zeigt die zeitlichen Zusammenhänge aufeinanderfolgender Venusdurchgänge auf:
In
einem Zyklus von 243 Jahren finden 4 Transits statt.
8a + 121,5a + 8a + 105,5a = 243a
Venus passiert ihren aufsteigenden Bahnknoten am 9. Dezember, und den absteigenden am
7. Juni. Die Bahnumlaufzeiten der beiden Planeten Erde und Venus sind:
Erde
Venus
152 synodische Umläufe der Venus ergeben 152 * 583,917 Tage = 88755,4 Tage
395 komplette Umläufe der Venus (siderische Periode) ergeben
395 * 224,701 Tage = 88756,9 Tage, das sind fast genau 243 Jahre, denn
243 * 365,256 Tage = 88757,2 Tage
Und nun schauen wir uns die Transits innerhalb der 243 jährigen Periode, wie auf dem obigen Diagramm dargestellt, an.
Nach
5 synodischen Umläufen der Venus sind 5 * 583,917 Tage = 2919,586 Tage
vergangen, 8 Erdenjahre ergeben 8 * 365,256 Tage = 2922,048 Tage.
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Die nächsten Einfach-Durchgänge gibt es in den Jahren 3089, 3332, 3575, 3818, 3956 und 4061. |
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MEZ = UT +1 h , MESZ = UT + 2 h
Eine sehr ausführliche Beschreibung des Venustransits findet man auch im "Kosmos Himmelsjahr 2002", Seite 123, von H.U.Keller, unter dem Titel "Venus vor der Sonnenscheibe".
Willy Mahl