Der Sonnenlauf am Himmel oder die Zeitgleichung
Unsere Uhren zeigen in unserer Zeitzone im Winter die sogenannte mitteleuropäische Zeit, MEZ genannt und im Sommer die mitteleuropäische Sommerzeit MESZ = MEZ + 1h an. Dabei ist die MESZ eine rein politische Festlegung und nicht durch astronomische Erfordernisse bedingt. Man verspricht sich davon wohl eine Energieeinsparung, da der Sonnenuntergang eine Stunde später stattfindet.
Diese Zeitmessung, auch “mittlerer Sonnentag” genannt, entspricht dem auf den gleichmässigen Gang unserer Uhren abgestimmten täglichen Kulmination der “mittleren Sonne”, also genau 24 Stunden. Die mittlere Sonne richtet sich nach einer theoretischen oder fiktiven mittleren Sonne, die mit gleichmäßiger Geschwindigkeit dem HIMMELSÄQUATOR entlangwandert, wie gesagt, abgestimmt auf den gleichmäßigen präzisen Gang unserer Uhren.
Die “wahre Sonne” weicht davon ab und ist die Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Kulminationen der wahren Sonne. Die wahre Sonne wandert im Laufe eines Jahres entlang der sogenannten EKLIPTIK, also der scheinbaren Bahn der Sonne um die Erde bzw. der Erdbahn um die Sonne. Die Ekliptik ist gegen den Äquator um ca. 23,5° geneigt und dies entspricht der Neigung der Erdachse zu ihrer Bahn. Die Erdachse kann man für die Zeitspanne eines Jahres als raumstabil annehmen, da die Achse 25 784 Jahre (= platonisches Jahr ) braucht, um 360° um die Ekliptik Achse zu wandern.
Da also aus praktischen Gründen unsere Zeitmessung auf das Äquatorsystem bezogen wird, ergibt sich eine Differenz, und zwar mit halbjähriger Periode, zwischen wahrer und mittlerer Sonnenzeit.
Dies ist der Hauptanteil der sogenannten ZEITGLEICHUNG, die uns die Abweichung der mittleren von der wahren Sonnenzeit anzeigt. Die andere, kleinere Komponente, resultiert aus der elliptischen Bahn der Erde um die Sonne. Seit den “Keplerschen Gesetzen” ist bekannt, dass Körper die um eine Zentralmasse eine elliptische Bahn ziehen, ihre Bahngeschwindigkeiten mit geringerem Abstand zur Zentralmasse zunimmt. Am Punkt des geringsten Abstandes, auch PERIHEL genannt, ist die Bahngeschwindigkeit am größten.
Diese Änderung hat eine ganzjährige Periode. Die Exzentrizität der Erdbahn beträgt e=0,0162313 und repräsentiert die Beziehung zwischen großer und kleiner Halbachse der Ellipse. Je größer der Unterschied beider Achsen (oder je größer die Abweichung von der Kreisform), desto höher wird die Exzentrizität.
Das “e” der Erdbahn bedeutet in praktischen Zahlen: Der geringste Abstand der Erde von der Sonne (Anfang Januar) beträgt 147 100 000 km und der größte Abstand der Erde von der Sonne (Anfang Juli) beträgt 152 100 000 km. Das sind immerhin 5 Mio. km oder fast 3,5%.
Man kann diesen Unterschied auch am Durchmesser der Sonnenscheibe am Himmel messen. Anfang Januar hat die Sonnenscheibe einen Durchmesser von 32′ (Bogenminuten) und 32″ ( Bogensekunden). Anfang Juli misst sie 31’28”.
Das Zusammenwirken dieser beiden Effekte ergibt die sogenannte ZEITGLEICHUNG, also die Abweichung unserer Uhrzeit von der wahren Sonnenzeit. Beobachten kann man diesen Vorgang an einer präzisen Sonnenuhr, diese ja die wahre Sonnenzeit anzeigt. Ein Vergleich mit einer mechanischen Uhr zeigt die Abweichungen während des Jahres auf. Die maximalen Abweichungen sind im Februar -14m14s und im November +16m19s.
Die Zeitgleichung: Abweichung (in Minuten) der wahren Sonne von der Mittleren Sonne.
Die monatliche Änderung, also die Steigung der Kurve, ist in den Monaten Dezember und Januar am größten. Sie ändert sich vom 1.Dez. mit+11m36sbis zum 31. Dez. auf-2m39sund bis zum31. Jan. auf-13m24s. Die Differenz beträgt also 25m in 2 Monaten.
Wenn man um diese Zeit die Sonnenaufgangs- und -untergangszeiten etwas genauer ansieht, dann findet man die oben geschilderten Auswirkungen auf diese Zeiten.
Ein konkretes Beispiel soll dies veranschaulichen.
Datum | Sonnenaufgang | Sonnenuntergang |
04. Dezember | 07:40h | 16:00h |
08. Dezember | 07:45h | 15:58h |
12. Dezember | 07:49h | 15:58h |
16. Dezember | 07:52h | 15:58h |
20. Dezember | 07:55h | 16:00h |
24. Dezember | 07:57h | 16:02h |
28. Dezember | 07:58h | 16:05h |
01. Januar | 07:59h | 16:08h |
02. Januar | 07:58h | 16:09h |
06. Januar | 07:58h | 16:14h |
10. Januar | 07:56h | 16:19h |
14. Januar | 07:54h | 16:24h |
(Die Daten wurden “The astronomical Almanac 1998 / 1999” entnommen und beziehen sich auf 0° Länge und 50° N geographische Breite. Die Zeiten sind in UT angegeben. Die Zeiten ändern sich mit der geographischen Breite).
Im Jahre 1998 war die Sonne am 22.12. in ihrem Winterpunkt (Wintersonnenwende). Zu diesem Zeitraum war auch der kürzeste Tag, wie man das auch erwartet. Die Umkehrpunkte der Sonnenaufgangszeiten und der Sonnenuntergangszeiten sind jedoch eigentümlich verschoben. Und wir wissen jetzt warum.
Willy Mahl
Letzte Änderung am 2009-Mar-15
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